Das „N-Wort“ muss härter als „Wichser“ bestraft werden

Interview. Zwei Monate vor den Respect Gaymes 2017 hat sich Mia per E-Mail an den LSVD gewandt. Sie wollte wissen, ob noch helfende Hände benötigt werden. Die vielerfahrene Sportehrenamtliche, Schöffin beim Berliner Fußball-Verband, Judaistin und Historikerin haben wir mit offenen Armen empfangen.

RG: Wie bist du auf uns gestoßen?

Mia: Ich glaube mein erster bewusster Kontakt war, ganz klassisch heutzutage, Facebook. Da ich mich viel für Subkulturen und *ismen im Fußball interessiere, bewege ich mich dort relativ viel. Wahrscheinlich hat mich eine andere Seite auf die Respect Gaymes aufmerksam gemacht: Discover Football, Fußball für Vielfalt oder Fußballfans gegen Homophobie, die ja alle auf die Gaymes aufmerksam machen.

RG: Was hat dich bewegt, dich als Ehrenamtliche bei den Respect Gaymes zu engagieren?

M: Während meiner Kindheit waren meine Eltern ehrenamtlich im Sport engagiert und wir Geschwister wurden auf Zeltlager und Turnfeste mitgenommen. Zwar ist das schon eine Weile her und ich hätte auch schwören können, dass das in keinster Weise auf mich abgefärbt hat, aber irgendwie und klammheimlich hat sich aus diesem Einfluss Jahre später doch etwas entwickelt. Meine erste Großveranstaltung war die WM 2006. Seit ich in Berlin wohne, engagiere ich mich fest bei den SCC Events, die u.a. den Berlin Marathon organisieren, war aber z.B. auch schon Helferin beim Lauf der Berliner Aidshilfe auf dem Tempelhofer Feld. Ich schnupper gern in neue Bereiche, deswegen auch mein Einsatz für die Respect Gaymes dieses Jahr.

RG: Wie stehst du zu gesellschaftskritischen bzw. alternativen Sportfeste?

M: Ich bin ein großer Fan davon: Es werden der breiten Öffentlichkeit Gesellschaftsbereiche erkennbar gemacht, die vielen unbekannt sind. So können auch Berührungsängste abgebaut und Interessen geweckt werden. Personen die sich eher einer Minderheit zuordnen, bekommen eine Stimme und werden gehört. Der Sport steht im Vordergrund, aber trotzdem sind Sportveranstaltungen wie die Respect Gaymes oder Der Ball ist bunt dem antirassistischen Stadionfest des SV Babelsberg 03, immer auch mit einer Botschaft verbunden. „Unsere Gesellschaft ist nicht perfekt, es gibt Ausgrenzungen der unterschiedlichsten Art, seid euch dem bewusst und tut was dagegen.“

RG: Du bist auch ehrenamtliche Schöffin beim Sportgericht im Jugendbereich des Berliner Fußballverbandes (BFV). Hattest du schon mit rassistischen, sexistischen, homophoben oder anderen gruppenbezogenen Diskriminierungen zu tun?

M: Ich arbeite erst seit einem knappen Jahr als Schöffin im Jugendbereich und habe bisher einmal mit einem der genannten Diskriminierungen zu tun gehabt. Es ist das „N-Wort“ gefallen und das auch noch zusammen mit einer weiteren Herabwürdigung. Interessant an diesem Fall war für mich vor allem, dass es auf Seiten des Vereins in der Verhandlung erst einmal ein Bewusstsein dafür geschaffen werden musste, dass eine offen rassistische Bemerkung eben nicht eine gängige unreflektierte Beschimpfung auf dem Platz ist, sondern wesentlich härter bestraft wird, als z.B. „Wichser“. Am Ende hat der Spieler vier Spiele pausieren müssen und durfte in diesem Zeitraum auch das Stadion nicht betreten.

Der Berliner Fußballverband engagiert sich vehement gegen ein diskriminierendes Verhalten auf und außerhalb des Fußballplatzes. Strafen des Sportgerichts im Jugendbereich sollen, im Gegensatz zum Erwachsenenbereich, aber immer auch eine erzieherische Maßnahme sein. Deswegen ist eine ausführliche Begründung bei Strafen wie in diesem Fall besonders wichtig. Zudem haben wir auch die Möglichkeit Jugendliche denen Tätlichkeiten oder sonstiges aggressives Verhalten nachgewiesen werden, zu Anti-Gewalt-Trainings zu schicken.