„Ich würde mir mehr Unterstützung aus der Szene wünschen“

Interview. Im Interview erzählt der ehemalige Projektleiter der Respect Gaymes und (schwule) Schiedsrichter Sacha König, wie er Spiele pfeift, über die Berliner Wohlfühloase, größeren Mut im ländlichen Bereich, über eine Gruppe von vorwiegend schwulen Referees und über die steigende Bedeutung von Trans-Themen bei den Respect Gaymes.

 

RG: Wann bist du Schiedsrichter und wann bist du ein schwuler Schiedsrichter?

Sacha König: Als Schiedsrichter bringe ich immer meine Persönlichkeit mit auf den Platz. Ich bin zum Beispiel sehr streng was unsportliches Verhalten angeht. In dem Moment denke ich aber nicht über meine Sexualität nach. Aber als Schwuler habe ich vielleicht andere Erfahrungen gemacht, was diskriminierungsfreies Miteinander angeht. Diese nehme ich natürlich mit auf das Feld und agiere dementsprechend. So reagiere ich manchmal unerwartet mit einem ironischen Spruch, wenn „schwul“ mal wieder als Schimpfwort genutzt wird und stoße damit zum Nachdenken an.

 

RG: Hast du im Laufe deiner Schiedsrichtertätigkeit einen Wandel in den Bereichen Homophobie, Rassismus und Sexismus bemerkt?

SK: Der Umgang im Schiedsrichterwesen, insbesondere was Homosexualität betrifft, hat sich stark zum Guten gewandelt. Dieser Eindruck ist aber auch dadurch geprägt, dass wir uns im Berliner Schiedsrichterwesen eine Wohlfühlumgebung schaffen können. Wir suchen uns eine von den vielen Lehrgemeinschaften aus, haben im engsten Schiedsrichterumfeld meist enge Freundschaften, in denen Vertrauen entsteht und ein Coming-out fast immer problemlos läuft. Auf dem Land braucht der Schritt noch deutlich mehr Mut, aber auch hier haben viele sehr gute Erfahrungen gemacht. Es geht voran. Rassismus stand schon viel früher auf den Agenden der Vereine und Verbände. Hier ist man schon weiter und jetzt muss man noch beim Thema Sexismus nachziehen.

 

RG: Stell dir folgende Szene vor: In normalen Ligabetrieb schnauzt ein Spieler seinen Gegenspieler mit „Was bist du denn für eine Schwuchtel?!“ an. Wie reagierst du darauf?

SK: Zunächst einmal ist ganz egal, ob es sich um einen Gegenspieler handelt oder einen Mitspieler, Beleidigungen dürfen nicht geduldet werden. Es gibt aber Spielräume. So gibt es Situationen, wo das Wort schwul als vermeintlich gängiges Schimpfwort gebraucht wird: Etwa wenn ein Spieler bei einem verunglückten Zuspiel „So ein schwuler Pass!“ flucht. Da kann es vorkommen, dass ich mich mit einem Spruch dazu oute und dem Spieler zu verstehen gebe, dass schwul als Schimpfwort nicht cool ist. Danach kommt man schon mal ins Gespräch und es ist womöglich einer weniger, der auf diese Weise schimpft.

 

RG: Du bist ja Teil einer informellen Gruppe von schwulen Schiedsrichtern, die über ganz Deutschland verteilt sind. Zu welchen Anlässen seht ihr euch, von was handeln eure schiedsrichterbezogenen Gespräche?`

SK: Die Gruppe besteht aus Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen und nicht alle davon sind homosexuell. Einer reist zu den Turnieren mit Frau und Kindern an. Das zeigt aber, dass die Harmonie in der Gruppe stimmt. Wir verstehen uns als Team und stehen zusammen. Das merken auch Turnierorganisationen und laden uns ein. So stehen neben den klassischen lesbisch-schwulen Turnieren auch immer mehr andere Benefizturniere auf dem Tableau. Z.B. sind wir eine Woche nach den Respect Gaymes in einem kleinen Dorf in der Lüneburger Heide. Der SV Rot Weiß Wellendorf feiert sein Sportfest und wir sind mitten drin, wie das auf einem Dorf so ist. Unsere Sexualität ist dabei nicht erstes Thema, aber kein Geheimnis.

 

RG: Was sagt der ehemalige Projektleiter in dir, warum es alternative Sportfeste braucht?

SK: Begegnung und das Gespräch sind immer das wichtigste Mittel, um Vorurteile abzubauen. Integrative Sportevents tragen zu diesen Begegnungen bei. Ich freue mich, dass die Respect Gaymes weiterwachsen. Die Respect Gaymes sind mehr als ein Event unter dem Motto „Zeig Respekt für Lesben und Schwule!“. Das Thema Trans* wird in all seinen Facetten von Jahr zu Jahr stärker bedacht. Zudem kommt es verstärkt zu Kooperationen mit Vereinen, die den sogenannten Behindertensport fördern. Also Ja! Es braucht diese Events.

 

RG: Siehst du nicht ausgeschöpfte Potentiale?

SK: Ich würde mir manchmal aus der Szene eine stärkere Beteiligung und Unterstützung für die Respect Gaymes wünschen.