Gespräch mit Thomas Schwarz (Projektleiter Schulaufklärung)

LSVD Berlin-Brandenbrug klärt über Schulworkshops auf

Am heutigen Tag macht die homo- und transfeindliche Bus-Tour  der „Demo für alle“ in Berlin halt, um gegen die angebliche „Sexualisierung von Schulkindern“ zu demonstrieren.  Anstatt dieser Gruppierung eine Bühne zu bieten, möchte der LSVD Berlin-Brandenburg über seine Schulworkshops  berichten, um dem Hass mit Aufklärung entgegenzutreten.

Das Interview mit Thomas Schwarz (Projektleiter Schulaufklärung) führte Johannes Blankenstein (Bereichsleiter Gesellschaft).

Wie sieht ein Workshop mit einer Schulklasse in der Regel aus?
Wir bieten Workshops ab der 4. Klasse, über berufsbegleitende Schulen, bis hin zu Workshops für Multiplikator*innen, Lehrer*innen oder Studenten auf Lehramt an.

Die Workshopmethoden sind modular und teilen sich auf die Bestandteile: Hemmungen abbauen, Aufklärung zu den verschiedenen Facetten der sexuellen Vielfalt, Wertschätzung aufbauen und für die Lebenswelt sensibilisieren sowie die Beantwortung aller persönlichen Fragen. Die Workshopmethoden unterscheiden sich natürlich beim Alter der Schüler*innen oder ob es sich um ein Gymnasium oder eine integrierte Sekundarstufe handelt.

Die Schüler*innen sollen alle Begriffe der sexuellen Vielfalt zumindest einmal gehört haben und die Möglichkeit haben, Fragen dazu stellen zu können. Oft stellt ein Workshop von uns die erste Möglichkeit da, überhaupt mal offen über Sexualität zu sprechen. Mir ist deswegen auch die anonyme Fragebox sehr wichtig. Die kommt immer am Ende eines jeden Workshops zum Einsatz. Jede*r schreibt mindestens eine Frage anonym auf eine Karte und wirft sie in die Box. Alle Fragen werden anonym vorgelesen und beantwortet. Und das ganz offen und auch sehr persönlich. Dabei beantworte ich auch Fragen wie: „Was ist Doggy“ oder erzähle von meiner Mobbingerfahrung in meiner Schulzeit als schwuler Jugendlicher. Jede Frage ist verwendbar, um etwas Wichtiges mitzuteilen, wie beispielsweise auf die richtige Kondomgröße zu achten. Dabei ist es mir besonders wichtig, klar zu stellen, dass jede*r das Recht auf körperliche Selbstbestimmung hat. Ausprobieren ist gut, jedoch nur das machen, was man selbst auch möchte. Dein Körper gehört dir.

Was ist das Ziel der Workshops?
Vorurteile abbauen, Verständnis und Wertschätzung für Vielfalt erzeugen und für Diskriminierungen sensibilisieren. Zu zeigen, dass die Welt nicht nur aus dem besteht, was bisher wahrgenommen wurde. Und das sie auch langweilig wäre, wenn jede*r gleich wäre. Die Welt ist bunt und das ist etwas Wunderbares. Mein oberstes Ziel ist es, dass die Schüler*innen am Ende des Workshops verstehen, dass sie cool reagieren sollen, wenn sich ihre beste Freundin oder ihr bester Freund an sie wendet mit ihrem oder seinem Coming Out. Dass es sich um den gleichen Menschen handelt wie vorher, nur dass er das eigene Geschlecht liebt, sich nicht im richtigen Körper fühlt, oder Geschlechtsmerkmale verschiedener Geschlechter hat. Ich habe immer im Hinterkopf, dass in jeder Klasse ein bis zwei Schüler*innen sitzen, die zumindest schon ahnen, dass eines der Themen auch auf sie zutreffen könnte. Sie sollen es besser haben, als ich in der Schule damals.

Wann sind solche Workshops sinnvoll?
Immer! Jede Klasse sollte Workshops über sexuelle Vielfalt haben. Besonders helfe ich natürlich gerne, wenn es Mobbingfälle in einer Schule gibt. Ansonsten versuche ich auch nach den Workshops noch ansprechbar zu sein. Deswegen biete ich ab Oktober auch zwei Sprechstunden im Monat in der Schiller-Jugendbibliothek in Mitte an. Jeweils am ersten und dritten Samstag im Monat um 11:00 Uhr bis 14:00 Uhr. Diese soll einfach eine Möglichkeit darstellen, niedrigschwellig noch mal erreichbar für Schüler*innen im Coming Out oder deren Klassenkamerad*innen zu sein. Ich vermittle dann weiter an unsere Kooperationsprojekte, die Coming Out Gruppen oder weitergehende Beratung anbieten.

Wie können Eltern, Lehrer*innen und Schulleiter*innen Workshops anfragen?
Für unsere kostenfreien Angebote reicht es, eine E-Mail  an aufklaerung@lsvd.de zu schicken oder unsere Internetseite besuchen: https://berlin.lsvd.de/projekte/community-gaymes/.

Gerne auch telefonisch unter: 030 – 22 50 22 15.

Wünschen würde ich mir, dass wir mehr Kapazität für Brandenburger Schulen hätten. Die Anfragen häufen sich und ich kann hier nur in Ausnahmefällen einen Workshop bedienen.

Ich freue mich auf Anregungen zum Projekt und vor allem auf Nachfragen auch von Eltern oder Schüler*innen.