„Glosse“ aus der F.A.Z. vom 02. August 2007

Liebe Freundinnen und Freunde,

anbei eine „Glosse“ aus der F.A.Z. vom 02. August 2007, die sprachlos macht. Wer dennoch einen Leserbrief schreiben möchte, sollte diesen an leserbriefe@faz.de schicken.

Über eine Blind-Copy an presse-berlin@lsvd.de freuen wir uns.

Beste Grüße

Alexander Zinn
Pressesprecher

Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) e.V.
Kleiststraße 35
10787 Berlin

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Glosse Feuilleton

Homintern

 

F.A.Z. vom 02. August 2007:

Toleranz wird im Deutschen meist mit dem geflügelten Wort Friedrichs des Großen umschrieben, nach dem jeder nach seiner Façon soll selig werden dürfen. Muss man mehr dazu sagen? Heutzutage schon. Wir lesen aus Großbritannien die Nachricht, dass vor einigen Tagen die traditionsreiche, mehr als hundert Jahre alte katholische Wohlfahrtsorganisation „Catholic Care“, auf Adoptionen spezialisiert, ihre Dienste zum Jahresende freiwillig einstellen wird, wenn sich nicht in letzter Stunde noch ein Kompromiss mit den Behörden finden lässt. Es ist keine große Organisation, sie vermittelt im Jahr rund zwanzig Kinder an katholische wie nichtkatholische Familien. Im Februar nun hatte das Unterhaus ein neues Gesetz verabschiedet, das Regeln über sexuelle Orientierungen festlegte, die „Sexual Orientation Regulations“. Gegen dieses Regelwerk hatten sich hohe katholische Geistliche ebenso wie Imame und schließlich auch der britische Oberrabbiner ausgesprochen. Es half aber nichts. Mit dem neuen Gesetz war es für Adoptionsagenturen zur zwingenden Verpflichtung geworden, auch an gleichgeschlechtliche Paare Kinder zu vermitteln. Dies aber ist von einer katholischen Einrichtung, die auf sich hält, schlechterdings nicht zu verlangen. Wie wird es weitergehen? Schon befürchtet man, dass etwa auch eine in katholischem Besitz befindliche Druckerei bald gezwungen werden könne, Aufträge für homosexuelle Propagandaschriften anzunehmen. Kaum eine Nachricht, die für die Gegenwart bezeichnender wäre. Die neue Toleranz duldet nichts mehr außer sich selbst. Vielfalt verspricht sie, aber tatsächlich fordert sie viel mehr: nicht mehr eine Tugend des zivilen Umgangs, der Duldsamkeit gegenüber anderen Formen des Zusammenlebens, sondern die gesellschaftliche Marginalisierung der „Intoleranten“. Es war der Dichter W. H. Auden, einer der großen bekennenden Homosexuellen, der die Machtansprüche seiner Freunde mit denen der Kommunistischen Internationale verglich und das herrliche Wort von der „Homintern“ prägte. L.J.

Text: F.A.Z., 03.08.2007, Nr. 178 / Seite 33