Großnichte von Magnus Hirschfeld appelliert an neue Berliner Landesregierung

Denkmal für die erste homosexuelle Emanzipationsbewegung am Magnus-Hirschfeld-Ufer

Das vom Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) initiierte Denkmal für die weltweit erste homosexuelle Emanzipationsbewegung kann errichtet werden. Das Bezirksamt Berlin-Mitte und der LSVD haben sich auf einen Vertrag zur Überlassung einer Teilfläche des Magnus-Hirschfeld-Ufers verständigt.

Im Rathaus Tiergarten überreichte heute der Bürgermeister des Bezirks Berlin-Mitte, Dr. Christian Hanke, den Vertrag zur Überlassung einer Teilfläche des Magnus-Hirschfeld-Ufers zur Errichtung des Denkmals für die erste homosexuelle Emanzipationsbewegung. Anwesend bei der Übergabe waren der Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg, Jörg Steinert, Projektleiterin Stephanie Kuhnen, Wolfgang Knapp von der Universität der Künste Berlin, der Architekt Sascha Ratayski und sein Kollege Stephan Seifert sowie Martin Binder als Vertreter der internationalen Arbeitsgruppe aus Kunst, Architektur und Design, deren Entwurf „CALLA“ im Jahr 2017 realisiert werden soll.

Ebenfalls anwesend war die Großnichte von Dr. Magnus Hirschfeld, Ruth Gabrielle Cohen aus Australien. Sie nahm zusammen mit ihrem Ehemann, ihren drei Kindern und Enkelkindern an dem Termin im Rathaus Tiergarten teil und erklärte:
„Ich danke dem Lesben- und Schwulenverband für sein unermüdliches Engagement. Endlich wird mit einem Denkmal an die weltweit erste Homosexuellenbewegung erinnert. Leider mussten viele bürokratische Hürden überwunden werden. Nun muss sichergestellt werden, dass dieses Denkmal dauerhaft das Berliner Stadtbild prägt. Ich appelliere an die neue Berliner Landesregierung, für die Instandhaltung dieses wichtigen Gedenkortes Verantwortung zu übernehmen.“

Die erste homosexuelle Emanzipationsbewegung begann 1897 mit der Gründung des Wissenschaftlich-humanitären Komitees (WhK). Der jüdische Arzt und Sexualwissenschaftler Dr. Magnus Hirschfeld (1868-1935) war Initiator und maßgeblicher Vertreter dieser Bewegung. 1919 errichtete er auf dem Gelände zwischen dem heutigen Bundeskanzleramt und dem Haus der Kulturen der Welt das Institut für Sexualwissenschaft. Hirschfelds Wirken nahm weltweit Einfluss auf die Abschaffung antihomosexueller Straftatbestände. Zur Aufhebung des § 175 StGB (Strafgesetzbuch) richtete das WhK mehrere Petitionen an den Deutschen Reichstag, denn dieser Paragraf bedrohte „beischlafähnliche Handlungen“ zwischen Männern mit Strafe. 1929 beschloss der Strafrechtsausschuss des Reichstages schließlich, homosexuelle Handlungen nicht mehr unter Strafe zu stellen. Doch zur Abschaffung des § 175 kam es nicht mehr. Nach Hitlers Machtergreifung im Januar 1933 plünderten Studenten und SA-Männer das Institut für Sexualwissenschaft. Zahlreiche Schriften sowie eine Büste von Magnus Hirschfeld wurden bei der Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz (heute Bebelplatz) im Mai 1933 vernichtet. Hirschfeld wurde ausgebürgert und starb 1935 im französischen Exil.

Bildanfragen richten Sie bitte an: semiramis.ceylan@lsvd.de

Bildrechte (Bild s.o.): LSVD, Semiramis Ceylan-Ahlborn.
Personen auf dem Bild (v.l.n.r.): Stephan Seifert, Sascha Ratayski, Stephanie Kuhnen, Wolfgang Knapp, Ruth Gabrielle Cohen, Dr. Christian Hanke, Jörg Steinert, Martin Binder.