Homophobe Schimpfworte an Grundschulen weit verbreitet

Lesben- und Schwulenverband sieht Handlungsbedarf in der Bildungsverwaltung und in den Schulen

Die heute vorgestellte Studie „Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen“ von Dr. Ulrich Klocke zu homophoben Verhaltensweisen belegt, dass 62 % der Berliner Grundschüler „schwul“ und 40 % „Lesbe“ als Schimpfwort verwenden. Über diskriminierendes Verhalten gegenüber Mitschülern, die homosexuell sind bzw. für homosexuell gehalten werden, berichtet durchschnittlich jeder dritte Berliner Schüler. Hierzu erklärt Jörg Steinert, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg (LSVD): „Wir müssen verstärkt in den Grundschulen aktiv werden. Kindern Vielfalt als etwas Selbstverständliches zu vermitteln, ist einfacher, als bereits verfestigte Vorurteile bei Jugendlichen abzubauen. Aber auch die unmittelbare Sensibilisierungsarbeit mit Jugendlichen muss grundsätzlich weiter ausgebaut werden.“

Homophobie ist laut der heute vorgestellten Studie über alle Schulformen hinweg zu beobachten, in den verschiedenen Subgruppen aber unterschiedlich stark verbreitet. Zu entsprechenden Ergebnissen kommen auch die 2007 publizierte Studie von Prof. Bernd Simon, die gemeinsam mit der damaligen Berliner Integrationssenatorin vorgestellt wurde, und die im Zusammenhang mit Homophobie bisher wenig beachtete Studie zum Thema „Jugendliche als Opfer und Täter von Gewalt“, die im Auftrag der Landeskommission Berlin gegen Gewalt 2011 veröffentlicht wurde. „Die Bildungsverwaltung ist gefordert. Wir hoffen, dass politische Beschlüsse zum Kampf gegen Homophobie zukünftig weniger bürokratische ‚Ehrenrunden‘ drehen und zur Chefsache erklärt werden“, so Jörg Steinert vom Lesben- und Schwulenverband.

Die Aufklärungs- und Weiterbildungsmaßnahmen des Lesben- und Schwulenverbandes wurden 2009 im Auftrag des Berliner Senats evaluiert. Die Maßnahmen führen zu einem generellen Umdenken im Sinne von Gleichberechtigung und Antidiskriminierung bei Schülern. Durch die Weiterbildungsveranstaltungen werden die Sensibilität und das Handlungswissen von Pädagogen erhöht.

Die aktuelle Studie analysiert auch die Wirkung von Verhaltensweisen seitens der Lehrkräfte. Jeder vierte Lehrer lacht demnach in Anwesenheit der Klasse über homophobe Witze. Insbesondere Jugendliche mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund lassen sich dabei durch die Verhaltensweisen ihrer Lehrer beeinflussen. Zugleich kennen nur 15 % der befragten Lehrkräfte den Inhalt der Richtlinien zu Sexualerziehung an Berliner Schulen, obwohl Schulleitungen und Lehrerschaft zur Thematisierung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen eher positiv eingestellt sind. Der Lesben- und Schwulenverband sieht großen Fortbildungsbedarf und lädt Berliner Lehrkräfte zu dem Fachtag „Vielfalt für Fortgeschrittene“ am 7. Dezember 2012  ein.

Fachtag „Vielfalt für Fortgeschrittene“
Freitag, 7. Dezember 2012, 9.00 bis 16.30 Uhr
Rathaus Schöneberg, John-F.-Kennedy-Platz 1, 10825 Berlin
Anmeldung unter: www.Regenbogenschutzkreis.de

Die Studienergebnisse finden Sie unter:
www.berlin.lsvd.de/studien