Konstruktiver und von Respekt geprägter Dialog

Erzbistum Berlin und LSVD Berlin-Brandenburg treffen sich zu Gedankenaustausch

Am 9. August 2021 trafen Vertreter:innen des Erzbistums Berlin und des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) Berlin-Brandenburg zu einem Gedankenaustausch zusammen. Anlass für das Gespräch, um das der LSVD Berlin-Brandenburg gebeten hatte, war der Widerspruch aus der katholischen Kirche und die gleichzeitige Solidarität mit homosexuellen Menschen auf das „Responsum ad dubium“ vom 22. Februar 2021, in dem die Kongregation für die Glaubenslehre der Segnung von homosexuellen Paaren erneut eine Absage erteilt hatte.

Ulrich Keßler, aus dem Vorstand des LSVD Berlin-Brandenburg: „Es hat uns überrascht und gefreut zu sehen, dass die Regenbogenfahne auch von katholischen Kirchtürmen wehte, Internetseiten und Posts in den sozialen Medien schmückte und viele Kirchengemeinden zu Segnungsgottesdiensten aufgerufen hatten.

Erzbischof Dr. Heiner Koch: „Ich bitte um Verständnis, dass ich als Bischof um der Einheit der Kirche willen mich nicht über eine solche Position aus Rom hinwegsetzen kann. Gleichzeitig setze ich mich vorbehaltlos dafür ein, der Liebe und Beziehung von Menschen den Segen Gottes zuzusprechen. Ich werde die Diskussion – auch im Zusammenhang des Synodalen Wegs – weiterführen. Wenn mit Segnungsgottesdiensten kirchenpolitischer Druck ausgeübt werden soll, finde ich das problematisch.

An dem Gespräch nahmen außerdem für den LSVD Berlin-Brandenburg Geschäftsführer Christopher Schreiber und Stefan Rolle als homosexueller Vertreter einer Berliner Kirchengemeinde teil. Von Seiten des Erzbistums Berlin waren Dr. Gregor Klapczynski, theologischer Referent des Erzbischofs, und Pressesprecher Stefan Förner dabei.

Aus Sicht des LSVD Berlin-Brandenburg behindert die erneute Absage des Vatikans für eine Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften die Bemühungen der katholischen Kirche in Deutschland um einen angemessenen und realitätsbezogenen Umgang mit homosexuellen Menschen. Mit der erneuten Bekräftigung der Glaubenskongregation, dass Homosexualität nicht in den Schöpfungsplan Gottes eingeschrieben sei, würden grundlegende Erkenntnisse der Humanwissenschaften weiter missachtet. Die Aussage, Lesben und Schwule seien nicht gottgewollt, legitimiere zudem Ausgrenzung und Diskriminierung.

Für das Erzbistum Berlin betonte Erzbischof Koch, dass er die doppelte Ausgrenzung von katholischen homosexuellen Menschen als problematisch und schmerzhaft wahrnehme, innerhalb sowohl der katholischen Gemeinde als auch der homosexuellen Community. In diesem Zusammenhang sei auch seine Absicht zu sehen, eine:n Seelsorger:in als zukünftige Ansprechperson für homosexuelle Menschen zu benennen. Dies sei wichtig, um Ausgrenzung und Diskriminierung von queeren Menschen in der Kirche angstfrei ansprechen zu können. Er erinnerte in dem Zusammenhang an ein älteres Dokument der Kongregation für die Glaubenslehre von 1986, in dem es heißt: „Es ist nachdrücklich zu bedauern, dass homosexuelle Personen Objekt übler Nachrede und gewalttätiger Aktionen waren und weiterhin noch sind. Solche Verhaltensweisen verdienen, von den Hirten der Kirche verurteilt zu werden, wo immer sie geschehen.“

Der LSVD Berlin-Brandenburg begrüßte in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Überlegungen des Erzbistums und erklärte seine Bereitschaft, dem Erzbistum hierbei beratend zur Seite zu stehen.

LSVD Berlin-Brandenburg und kirchliche Einrichtungen arbeiten bereits sehr gut bei der Versorgung queerer Geflüchteter zusammen. Insgesamt – so der LSVD Berlin-Brandenburg – sollten LSBTI*-spezifische Angebote im Bereich des innerkirchlichen Beratungsangebotes für queere Familien und Jugendliche ausgebaut werden. Auch in Einrichtungen der Kranken- und Altenpflege sei es wichtig, spezifische Lebens- und Problemlagen von queeren Menschen mitzudenken.

Der LSVD Berlin-Brandenburg bekräftigte seine Einladung und Ermutigung an das Erzbistum, am Leben der LSBTI*-Community wie z.B. am Christopher-Street-Day teilzunehmen, wenn nicht der Erzbischof persönlich so doch durch katholische Laienorganisationen. Erzbischof Koch bestätigte, dass er als nächsten Schritt zugesagt habe, einer Einladung der ökumenischen Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) zu folgen und mit der Berliner Gruppe Gottesdienst zu feiern.

Das Erzbistum Berlin und den LSVD Berlin-Brandenburg verbindet ein konstruktiver und von Respekt geprägter Dialog. Im Vorfeld des Papstbesuches 2011 lud mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki erstmals ein Erzbischof von Berlin Vertreter:innen des LSVD Berlin-Brandenburg zu einem Gespräch ein. Im Januar 2016 besuchte Erzbischof Dr. Heiner Koch das Zentrum für Migrant:innen, Lesben und Schwule (MILES) des LSVD Berlin-Brandenburg, um sich über die Lebenssituation von queeren Geflüchteten zu informieren. Erzbischof Koch nahm im Januar 2019 auch als erster Erzbischof von Berlin an einer Gedenkfeier für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen teil.

www.erzbistumberlin.de
www.berlin.lsvd.de

Foto: Erzbistum Berlin