LSVD Newsletter: Podiumsdiskussion zu Film THE GRAFFITI ARTIST abgesagt

Rapper verweigern sich Diskussion über Schwulenhass
Podiumsdiskussion zu Film THE GRAFFITI ARTIST abgesagt

Die für diesen Freitag (20. Januar 2006) im Berliner Xenon-Kino geplante Podiumsdiskussion zu Schwulenhass in den Sprayer-, Rapper- und Hip-Hop-Szenen muss leider abgesagt werden. Trotz intensiver Bemühungen ist es dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD) nicht gelungen, Teilnehmer aus den genannten Szenen zu gewinnen. Es hagelte Absagen, u.a. von den Rappern Bushido, Azad, Kool Savas und Die Firma. Die Rapper Eko Fresh, Sido und sein Label Aggroberlin reagierten erst gar nicht.

Anlass der Podiumsdiskussion sollte Jimmy Boltons Film THE GRAFFITI ARTIST sein, der morgen bundesweit startet. Die im Xenon für Freitag, 20 Uhr geplante Filmvorführung findet wie geplant statt. Statt der im Anschluss geplanten Podiumsdiskussion wird um 22.15 Uhr nun der Film GEORG MICHAEL – A DIFFERENT STORY gezeigt.

In Jimmy Boltons Film geht es um die Sprayer-Szene, die eng verflochten ist mit der Hip-Hop- und Rap-Szene. In all diesen Jugendszenen gehört Schwulenhass zum „guten Ton“. Männliche Identität wird durch die Artikulation homosexuellenfeindlicher Einstellungen bewiesen. Ein Beispiel ist die – inzwischen zurückgezogene – Song-Zeile des Berliner Rappers Bushido: „Ihr Tunten werdet alle vergast“.

Der Film THE GRAFFITI ARTIST durchbricht diesen schwulenfeindlichen „Common Sense“. Bolton erzählt die Geschichte einer konfliktgeladenen schwulen Liebesbeziehung in der Graffiti-Szene von Portland und Seattle. Dieser Tabubruch führte in der Sprayer- und Hip-Hop-Szene Berlins bereits bei der ersten Aufführung zur Berlinale 2004 zu großer Aufregung und heftigen Diskussionen.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und die Edition Salzgeber wollen trotz der Absagen am Thema dranbleiben und die Podiumsdiskussion zu einem späteren Zeitpunkt durchführen.

Kontakt:
Edition Salzgeber, Alexander Zinn, Tel.: 030 – 285 290 73
Lesben- und Schwulenverband (LSVD) e.V., Dirk Alex, Tel.: 030 – 44 00 82 42

 

Der Film:

THE GRAFFITI ARTIST
von Jimmy Bolton
USA 2004, 80′, Farbe, OmU

Darsteller
Nick Ruben Bansie-Snellman
Jesse Pepper Fajans

Stabliste
Buch Jimmy Bolton
Kamera Sarah Levy
Musik Kid Loco
Ausstattung Owen Connell
Produzent Jimmy Bolton
Produktion Mettray Reformatory Pictures

Nick ist ein eher unauffälliger, introvertierter Typ ohne Freunde, der sich gern treiben lässt. Doch er hat eine große Passion: Graffiti. Nachts streift er durch Industriebrachen und die menschenleere Innenstadt von Portland, um Bushaltestellen, Häuserwände und Eisenbahnwaggons mit seinen Tags und Graffitis zu besprühen. Verfallende Stadtlandschaften sind die Folie für Nicks subversive Kunst – „Rupture the System“ ist sein Credo. Sehr zum Ärger der Staatsmacht, die ihm permanent auf den Fersen ist.

Auf einem seiner Streifzüge begegnet Nick schließlich Jesse, einem anderen Sprayer. Nick ist fasziniert von Jesse und folgt dessen Tags bis nach Seattle, wo sich die beiden kennenlernen. Vorsichtig entsteht eine Freundschaft, in der die Kommunikation fast ausschließlich über das gemeinsame Sprayen stattfindet. Unterwegs auf ihren Skateboards überziehen sie die Stadt mit Tags und Graffitis. Die Gegensätzlichkeit ihres Stils vereinen die beiden in spannungsgeladenen Bildern. Als spannungsgeladen erweist sich aber auch die Freundschaft selbst. Während Nick ein Auge auf Jesse geworfen hat, scheint sich dieser mehr für Mädchen zu interessieren. Schließlich ist es dann aber Jesse, der Nick verführt – um kurz darauf alleine nach Portland zurückzukehren. War Nick für Jesse nur ein Abenteuer oder flüchtet er vor seinen Gefühlen?