Nodoption kämpft weiter für die Rechte von Regenbogenfamilien

Nächstes Verfahren vor dem Familiengericht

Morgen, am 22. Juni 2021, findet in Berlin das nächste Nodoption-Gerichtsverfahren statt – nach derzeitigem Stand ist es die letzte Verhandlung in erster Instanz unter dem Dach des Bündnisses. Gemeinsam mit ihrem Anwalt, Dirk Siegfried, wehren sich Dr. Barbara Grill und Daniela Sting mit ihrem Antrag auf Feststellung der Mutterschaft gegen die fortwährende Diskriminierung von Regenbogenfamilien durch das Abstammungsrecht, die dazu führt, dass die gemeinsame Tochter des Frauenpaares nur über den Weg einer Stiefkindadoption zwei rechtlich anerkannte Elternteile bekommen konnte. Sie machen geltend, dass die Mutterschaft auch der nicht-leiblichen Mutter schon ab Geburt des Kindes besteht. Zwei ähnliche Anträge von queeren Paaren wurden vor kurzem vom OLG Celle und dem Kammergericht Berlin dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil beide Gerichte die geltende Rechtslage als verfassungswidrig eingestuft haben. Nodoption versucht nun, weitere Verfahren mit unterschiedlichen Fallkonstellationen bis nach Karlsruhe zu bringen.

Bei gemischt-geschlechtlichen Paaren, die ein Kind bekommen, läuft die Anerkennung des zweiten Elternteils unkompliziert: Ist das Paar verheiratet, so wird der Ehemann automatisch als Vater des Kindes eingetragen – bei unverheirateten Paaren reicht ein einfacher Gang zum Standesamt oder zum Notar. In beiden Fällen erfolgt diese Anerkennung unabhängig davon, ob der Mann auch biologisch der Vater ist. Bei queeren Paaren hingegen wird nur die Person, die das Kind zur Welt bringt, als Mutter eingetragen und gilt rechtlich als alleinerziehend. Das Kind ist damit nur halb so gut abgesichert wie Kinder gemischt-geschlechtlicher Paare. Erst wenn ein Stiefkindadoptionsverfahren erfolgreich

absolviert wurde, was Jahre dauern kann, hat es die gleiche Absicherung, die alle anderen

Kinder bereits ab Geburt haben. Es besitzt während der unabgesicherten Zeit keine Erb-

oder Unterhaltsansprüche gegenüber dem rechtlich nicht anerkannten Elternteil und würde

im Fall des Todes des Elternteils auch keine Halbwaisenrente erhalten. Sollte der rechtlich

anerkannte Elternteil versterben, geht das Sorgerecht nicht automatisch an die Partnerin und

es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Kind sogar zunächst in staatliche Obhut genommen

oder eine*r anderen Familienangehörigen des anerkannten Elternteils zugesprochen wird.

Dr. Barbara Grill und Daniela Sting setzen sich als unverheiratetes Paar für die Rechte ihres Kindes und ihrer Familie ein und haben entschieden, das Adoptionsverfahren und den Antrag auf Feststellung der Mutterschaft parallel zu verfolgen. Ihre gemeinsame Tochter ist inzwischen siebeneinhalb Monate alt und wurde über eine private Samenspende gezeugt. Die Mutterschaftsanerkennung der nicht-leiblichen Mutter wurde kurz nach der Geburt des Kindes vom Standesamt abgelehnt. Das Amt änderte auch den Nachnamen des Kindes in der Geburtsurkunde zum Namen der leiblichen Mutter. Wenige Tage später teilte das Jugendamt per Brief mit, dass es gern bei der Feststellung des Vaters behilflich sei, da die leibliche Mutter alleinerziehend sei.

Dr. Barbara Grill erläutert die Entscheidung, sowohl zu klagen als auch zu adoptieren: „Das Adoptionsverfahren stellt für uns eine nicht hinnehmbare massive Diskriminierung dar, die wir aber in Kauf genommen haben, damit unsere Tochter schnelle Rechtssicherheit durch zwei rechtlich anerkannte Elternteile hat. Gleichzeitig über den Antrag auf Feststellung der Mutterschaft zu klagen – und das gemeinsam mit den vielen starken Frauen von Nodoption und unseren fantastischen Anwält*innen Dirk Siegfried und Lucy Chebout – war eine absolute Befreiung für uns. Im Prinzip war die Klage für uns die einzige Möglichkeit, die Ungerechtigkeiten der Adoption zu ertragen und diese verfassungswidrige Diskriminierung zu benennen.“ Ihre Partnerin Daniela Sting ergänzt: „Im Zuge des Adoptionsverfahrens werden queere Paare und ihre Kinder Diskriminierungen ausgesetzt, die im Jahr 2021 eigentlich unvorstellbar sind. Es fühlt sich absurd an, das eigene Kind adoptieren zu müssen und bei einem Hausbesuch des Jugendamtes und am Ende des Verfahrens vor Gericht geprüft zu werden. Wir sind der festen Überzeugung, dass dieses Adoptionsverfahren grundgesetzwidrig ist. Im Grundgesetz ist der „besondere Schutz der Familie“ festgeschrieben – dieser sollte auch für Familien mit zwei Müttern oder zwei Vätern oder andere queere Elternkonstellationen gelten. Vier Jahre nach der ‚Ehe für alle‘ ist die Reform des Abstammungsrechts überfällig, der Gesetzgeber ist in der Pflicht, endlich zu handeln.“

Vor dem Familiengericht Tempelhof-Kreuzberg findet am Dienstag eine Demonstration von Regenbogenfamilien statt. Dr. Barbara Grill, Daniela Sting und ihr Anwalt Dirk Siegfried

werden nach der Verhandlung ein Pressestatement abgeben. Dazu möchten wir Sie herzlich einladen:

 

Datum: 22. Juni 2021

Zeitplan: 11:45 Uhr Beginn Demonstration vor dem Familiengericht Tempelhof- Kreuzberg 12:15 Uhr Beginn Gerichtstermin (nicht öffentlich) 13:00 Uhr Statements der Klägerinnen und ihres Anwaltes

 

Ort:  Familiengericht Tempelhof-Kreuzberg, Hallesches Ufer 62, 10963 Berlin

 

Weitere Informationen über Nodoption

NODOPTION ist eine deutschlandweite Initiative von queeren Paaren, die im Rahmen einer konzertierten strategischen Prozessführung vor Gericht ziehen, um gegen die Diskriminierung von Regenbogenfamilien im Abstammungsrecht vorzugehen. Ziel ist die gerichtliche Feststellung, dass die rechtliche Eltern-Kind-Beziehung auch zum zweiten Elternteil schon ab der Geburt des Kindes besteht. Unter dem Dach der Initiative Nodoption wurden in Berlin, Bayern, NRW, Hamburg, Sachsen und Brandenburg mehr als ein Dutzend Anträge auf Anerkennung der Elternschaft bei Gerichten eingereicht.

Wenn Sie Interesse an Interviews haben, stehen folgende Personen zur Verfügung:

Dr. Barbara Grill und Daniela Sting: 0177-4902822

Anwalt Dirk Siegfried: 030-2156803

Weitere Familien der Initiative: nodoption@gmx.de

 

Mehr Informationen über Nodoption finden Sie hier: www.nodoption.de und Instagram #Nodoption.