Rede von Katayun Pirdawari beim Fest „Vielfalt – statt Rassismus und Intoleranz“

Foto: Daniela Kühling

Am 1. Februar vor dem Brandenburger Tor

Hallo liebe Freunde und Freundinnen!

Ich bin Katayun Pirdawari, Vorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverbands. Hier ist auch Michael Korok mein Vorstandskollege, einige liebe Mitarbeiterinnen sind auch da.

Wir sagen alle Nein zu Bärgida, Pegida, Legida oder zu sonst was da für Gruppierungen und WutbürgerInnen sich zusammen getan haben.

Nein und nochmals Nein!

Neulich, als hier 5000 Bärgida-GegnerInnen 150 Bärgida-AnhängerInnen gegenüber standen, kamen mir die Tränen… Ich war so glücklich, dass so viele für meine Rechte und für mich und meinesgleichen auf die Straße gingen. Dafür danke ich Euch allen sehr, so sehr.

Was unterscheidet mich von Euch?  Ich bin hier nicht geboren. Ich komme aus Teheran und bin in der Zeit nach Deutschland gekommen, als Khomeinis Anhängerinnen Frauen Schwefelsäure ins Gesicht schütteten, wenn sie kein Kopftuch trugen oder den Koran nicht lesen konnten. Sind das nicht genau die Augenblicke, in denen Deutschland Menschen mit offenen Armen begrüßen sollte? Diesen Menschen Schutz bieten sollte. Ist das nicht ein Akt der Menschlichkeit, sie aufzunehmen und vor allem willkommen zu heißen und ihnen keine Ängste zu machen?

Bei mir war das so. Ja, genau das geschah! Deutschland begrüßte mich mit offenen Armen, und zwar Euer Deutschland. Dafür danke ich Euch wieder. Danke!

Dann bekam ich alle Möglichkeiten, mich hier zurechtzufinden. Und vor allem bekam ich die große, kostbare Chance anders zu sein. Lesbisch zu leben. Auf die Straße zu gehen ohne Folter, ohne Gewalt. Danke, danke, danke!

Ich habe seither nicht nur ein gutes Miteinander gelebt, nicht nur der Gesellschaft ehrenamtlich gedient, ich habe dieses Land hier auch als Heimat lieben gelernt. Meine Heimat, Deutschland. DANKE!

Ich frage mich nun, warum gehen 25.000 Menschen in Dresden und Leipzig auf die Straße und es  gehen nicht alle Alarmglocken an?  Warum zeigen sich Politiker und Politikerinnen mit diesen Leuten?

Jede und jeder von uns ist in Gefahr. Nicht nur ich. Auch Ihr! Eine erneute faschistoide Politik in Deutschland hätte verheerende Folgen. Mir wird wirklich angst und bange, da ich meine Heimat, mein Deutschland, meinen Rechtsstaat nicht verlieren möchte. Ich bin nicht religiös, aber jede und jeder sollte friedlich glauben dürfen, was er will. Wen stört es? Das muss hier möglich sein, sonst können wir Meinungsfreiheit und Menschenrechte hier in unserem Lande vergessen.  

Deshalb komme ich Woche für Woche gemeinsam mit meinen LSVD-Kolleginnen zu den NO-Bärgida-Demos, um nicht nur laut NEIN, NEIN und NEIN zu sagen, sondern auch zu rufen:

WIR SIND DAS VOLK, JA, WIR! WIR SIND DAS VOLK! Ich, die lesbische Perser-Deutsche, und all die gefolterten, geschändeten Flüchtlinge, die hierher gefunden haben. Wir sind das Volk!