Anlässlich des 10. Todestages von Hatun Sürücü am 7. Februar 2015 lädt der Berliner Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung zu der Veranstaltung „NEIN zu Gewalt im Namen der Ehre“ ein. Die Veranstaltung findet am Freitag, dem 6. Februar 2015, um 15.00 Uhr im Theodor-Heuß-Saal im Rathaus Schöneberg statt.
Am 7. Februar 2005 wurde Hatun Sürücü mit 23 Jahren von ihrem jüngeren Bruder auf offener Straße in Berlin-Tempelhof erschossen. Sie wollte ein freies und selbstbestimmtes Leben führen und hat damit bewusst gegen die strengen Regeln und tradierten Ehrvorstellungen ihrer Familie verstoßen. Durch den Mord wollte der Täter die Ehre der Familie retten.
Hatun Sürücüs Schicksal steht für viele Mädchen und Frauen, die unter Gewalt im Namen der Ehre leiden. Sie leben in patriarchalisch geprägten Familien, in denen sie kontrolliert werden und in denen voreheliche Beziehungen verboten sind. Auch junge Männer sind betroffen, insbesondere wenn ihr Lebensentwurf nicht der heterosexuellen Norm entspricht. Homosexualität ist geächtet, die Jungfräulichkeit (der Frau) das höchste Gut und Grundvoraussetzung für das Ansehen der ganzen Familie. Diese tradierten Werte kollidieren im Laufe des Erwachsenwerdens mit der Suche nach selbstbestimmten Lebenswelten und dem Erwachen der eigenen sexuellen Wünsche. Die daraus entstehenden Konflikte scheinen oft unlösbar. Bei vielen enden sie mit einer Zwangsverheiratung, bei manchen, wie im Falle Hatuns, sogar mit einem „Ehren“-Mord.
Vieles ist seit 2005 passiert. Zwangsheirat ist ein eigener Straftatbestand und „Ehren“-Morde werden in der Regel nicht mehr als Totschlag mit einer geringen Strafe geahndet.
Die Präventionsarbeit wurde verstärkt und die Sensibilisierung der (Fach-)Öffentlichkeit nimmt stetig zu. Doch wir sind lange noch nicht am Ziel dessen, was nötig und möglich wäre, um die Betroffenen zu unterstützen. Was noch geschehen muss, darüber wird es u.a. bei der Veranstaltung gehen.
Programm:
Petra Koch-Knöbel, Koordinatorin des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsverheiratung und Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, wird die Zahlen der aktuellen berlinweiten Befragung zu Zwangsverheiratungen präsentieren.
Betroffene werden von sich und ihrem Kampf um ein selbstbestimmtes Leben berichten.
Junge Männer des Projekts „HEROES – gegen Unterdrückung im Namen der Ehre“ werden Rollenspiele präsentieren, mit denen sie Jugendliche an Berliner Schulen zum Nachdenken über überholte Rollenmuster auffordern. ARD-Fernsehkorrespondent Matthias Deiß, der u.a. eine Dokumentation über den „Ehren“-Mord an Hatun Sürücü gemacht hat, wird über seine aktuellen Recherchen berichten.
Die Journalistin und Autorin Güner Balci wird aus ihrem neuesten Buch „Aliyahs Flucht“ vorlesen.
Die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg und Schirmfrau der Veranstaltung, Angelika Schöttler, sowie die Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Dilek Kolat, werden ein Grußwort sprechen. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Frauenbeauftragten Ursula Hasecke vom Bezirk Tempelhof-Schöneberg statt.
Freitag, 6. Februar 2015, 15.00 – ca. 17.30 Uhr
Theodor-Heuss-Saal, Rathaus Schöneberg, John-F.-Kennedy-Platz 1, 10825 Berlin
Seit 2002 beschäftigen sich der Berliner AK gegen Zwangsverheiratung und die Unterarbeitsgruppe „Schulaktionen gegen Gewalt“, die von der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg koordiniert werden, mit dem Thema Zwangsverheiratung. In den oben genannten Gremien sind die Berliner Antigewaltprojekte, Krisen- und Zufluchtseinrichtungen, TERRE DES FEMMES, der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg, Frauenhäuser, Schulen, Rechtsanwältinnen, Polizei, Jugendämter und Jobcenter, die mit dem Thema konfrontiert sind, vertreten.
6. Februar 2015, 15 bis 17.30 Uhr
Rathaus Schöneberg