Schöneberg – Wiege der homosexuellen Emanzipation

Auf zum Standesamt

Auf zum Standesamt! Aktion Standesamt (1992) Am 19. August 1992 brachen 250 lesbische und schwule Paare deutschlandweit zu einer Mission auf: Sie betraten die Standesämter ihrer Gemeinden, um das Aufgebot für eine Eheschließung zu bestellen. Allein in Berlin waren es 90 gleichgeschlechtliche Paare, die sich an der Aktion beteiligten. Die vom Schwulenverband in Deutschland und den Schwulen Juristen initiierte Aktion erhielt ein großes Medienecho. Denn die abstrakte Forderung, die Ehe für Lesben und Schwule zu öffnen, bekam nun plötzlich ein Gesicht, beziehungsweise viele sympathische Gesichter. Zum ersten Mal wehrten sich Lesben und Schwule gegen das Eheverbot für Homosexuelle. Der damalige Berliner Familiensenator Thomas Krüger sprach von einer „Chance, über Toleranz ins Gespräch zu kommen“, als er zur Feier des Tages im Schöneberger Verein Mann-O-Meter die große Hochzeitstorte anschnitt. Doch es sollte noch neun Jahre dauern, bis der Ruf nach dem staatlichen Segen für homosexuelle Paare endlich Gehör fand. „Aber jetzt dürfen die doch heiraten!?“ Falsch – die Ehe ist noch immer heterosexuellen Paaren vorbehalten. Der Begriff Homo-Ehe ist eine Erfindung der Medien, die irreführend ist, sich aber in der Umgangssprache etabliert hat. Für gleichgeschlechtliche Paare gibt es in Deutschland seit 1. August 2001 die Möglichkeit, eine Eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen. Doch auch nach vielen Zwischenerfolgen auf dem Weg zur rechtlichen Gleichstellung gibt es noch immer Bereiche, in denen Verpartnerte gegenüber Verheirateten stark benachteiligt werden, z. B. im Steuerrecht und beim Thema Adoption. Zahlen & Fakten: Die Anzahl der Eingetragenen Lebenspartnerschaften in Deutschland ist nicht genau bekannt, weil nicht alle Bundesländer diese Zahlen erheben. Das Statistische Bundesamt verfügt lediglich über grobe Hochrechnungen, aus denen sich jedoch eine Entwicklung ablesen lässt: Die Anzahl der Eingetragenen Lebenspartnerschaften nimmt stetig zu. In Berlin wurden zwischen 2001 und 2008 über 3.500 Lebenspartnerschaften begründet. Die meisten Paare „trauten“ sich im Bezirk Tempelhof-Schöneberg: 655 Verpartnerungen gab es hier in den ersten sieben Jahren. Bis 2012 kamen 613 weitere Paare hinzu, so dass sich hier insgesamt 1.268 lesbische und schwule Paare zwischen August 2001 und August 2012 das Jawort gaben.