Wo bleibt der Aufschrei nach dem Dresdner Anschlag?

LSVD fordert Verbreitung von Hass auf Homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen zum Arbeitsgebiet des Verfassungsschutzes zu machen.

Mit großer Irritation nimmt der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) den öffentlichen Umgang mit dem Terroranschlag von Dresden zur Kenntnis. Die Gleichgültigkeit, mit der Politik und Gesellschaft auf dieses grauenhafte Verbrechen reagieren, ist zutiefst verstörend. Vollkommen unverständlich ist, warum die islamistischen Einstellungen des Täters und die mutmaßlich homosexuellenfeindliche Motivation der Tat über Wochen verschwiegen und erst nach Zeitungsrecherchen bekannt wurden. Die befremdliche Aussage des Dresdner Oberstaatsanwaltes, man äußere sich „zur sexuellen Orientierung von Tatopfern nicht“, lassen den Verdacht aufkommen, man sei in puncto Homophobie mit Blindheit geschlagen. Es geht im Übrigen gar nicht um die sexuelle Orientierung der Opfer, sondern um die Motive des Täters, die vorbehaltlos aufzuklären sind.

Das anhaltende Schweigen der Repräsentanten von Politik und Gesellschaft ist beschämend und wirft ein bezeichnendes Licht auf den verfehlten Umgang mit religiösem Extremismus. Während der französische Präsident nach der Ermordung eines Lehrers durch einen jugendlichen Islamisten sofort und entschieden reagierte, fehlt eine gleichartige Reaktion auf den Dresdner Fall in Deutschland bis heute. Doch den islamistischen Terror wie auch den rechtsradikalen Terror werden wir nicht überwinden, indem wir ihn beschweigen und bagatellisieren. Wir müssen dem religiösen Extremismus ebenso wie dem Rechtsextremismus entschieden entgegentreten.

Die These vom verirrten Einzeltäter vermag immer weniger zu überzeugen. Wo wird zu einem derartigen Hass gegen Homosexuelle aufgestachelt, dass dieser sich in terroristischem Mord Bahn bricht? Hier sind die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Land gefordert.

Der LSVD Berlin-Brandenburg hat sich bereits vor drei Monaten an den Berliner Innensenator gewandt, damit die Verursacher und geistigen Brandstifter von homosexuellenfeindlichen und transfeindlichen Handlungen, die das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht und das grundgesetzlich geschützte Recht auf körperliche Unversehrtheit bedrohen, sowie deren organisatorische Netzwerke zukünftig auch deswegen vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Leider gab es hierauf von Seiten des Berliner Innensenators nur eine hinhaltende Antwort, die vermuten lässt, dass außer Zeitungsrecherche zum Themenfeld nichts passiert.

Die Versäumnisse des Sächsischen Verfassungsschutzes im Dresdner Fall verdeutlichen den existierenden Handlungsdruck.